Windräder haben einen starken Stromanschluss, sie sind per Datenkabel vernetzt und sie haben in ihrem Inneren viel Platz. Man könnte hier glatt ein Rechenzentrum unterbringen und die digitale Kapazität an Kunden vermieten. Dieser spannende Denkansatz ist bereits Wirklichkeit: Im Inneren einer Windkraftanlage bei Lichtenau steht ein vierstöckiges Stahlgerüst. Auf mehreren Etagen drängen sich in abgekapselten Räumen so genannte Racks – Schaltschränke voller Rechenkapazität.
Lüfter surren mehrstimmig, als die Europaabgeordnete Alexandra Geese von den Grünen durch die schwere Stahltür in das Innere dieses ungewöhnlichen Windrads tritt. Gemeinsam mit der Paderborner Landtagsabgeordneten Norika Creuzmann, dem Bundestagskandidaten Peter Altenbernd und der KV-Vorsitzenden Anne Birkelbach erklimmt auch Fiete Dubberke die schmalen Stufen der Stahlkonstruktion. Der Co-Founder der Firma WindCORES ist geistiger Vater dieses ungewöhnlichen Projekts. Er macht aus Windenergieanlagen CO2-neutrale Datacenter. Das ist weltweit einzigartig. „Power to Byte“, also die Umwandlung von Strom in Rechnerleistung, ist sein Credo.
Mit dem Ansatz, saubere Stromerzeugung mit Rechnerkapazitäten zu verknüpfen, rennt Dubberke bei Alexandra Geese offene Türen ein. Denn sie steht unter anderem für nachhaltige digitale Infrastruktur auf europäischer Ebene. Rechenzentren verschlingen große Mengen Energie und der Ausbau der Digitalisierung verlangt dabei kluge Ansätze. Kein Wunder, dass das Gespräch rasch die Schwierigkeiten dieses Projekts in den Fokus nimmt. Was ist beispielsweise bei Dunkelflaute, also dem Ausbleiben von sauberer Energie aus Wind und Sonne. „Das betrifft nur zehn bis 15 Tage im Jahr“, weiß Dubberke. Und da man bereits bis zu drei Tage im Voraus weiß, ob Wind zu erwarten ist, werden die Rechnerleistungen dementsprechend aufgeteilt. „Wir rechnen nicht, wenn wir keinen Strom haben“, erklärt er.
Die Wirtschaftlichkeit des Projekts ist nun die Hauptaufgabe. Es fehlt an einem großen Player, der sich einbringt. Dies gilt auch für den Bereich der Cloud-Speicherung. An dieser Stelle könnte sich der Besuch von Alexandra Geese und Norika Creuzmann positiv auswirken, beide wollen nun an verschiedenen Stellen Interesse wecken.
Die dezentrale Aufteilung von Rechnerleistung in Windrädern bedeutet für Peter Altenbernd auch Sicherheit, weil diese für Sabotage längst nicht so anfällig sind wie große Rechenzentren. „Die Anwendungen müssen in Europa bleiben“, denkt Dubberke an die Anker von russischen Schiffen, die Datenleitungen in der Ostsee zerstören.
Übrigens: Die Abwärme der Rechner wird ebenfalls genutzt. Per Wärmetauscher lassen sich zwar keine Wohnviertel beheizen, aber dafür Sonderkulturen von Biobauern in der Nachbarschaft. „Vielleicht wächst hier bald Ingwer“, so Dubberke.